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Notfallkonzept Schlangenhaltung:

Vorbemerkung:
Nur die REGA- Alarmnummer (Rettungsflugwacht) zu kennen oder die Telefonnummer eines einzelnen Arztes ist gelinde gesagt ungenügend (die REGA fängt keine entflohenen Tiere). Der medizinische Aspekt bei einem Giftschlangenbiss ist sicher ein Wichtiger – aber nicht der Einzige. Man darf sich nicht auf einzelne Personen abstützen, man sollte sich nur auf rund um die Uhr mobilisierbare Institutionen mit eigenen guten Notfallplänen verlassen (wobei hier die Rega zweifellos ein gutes Kettenglied ist). Brauchbare, gute Notfallkonzepte und Hinweise für den sicheren Umgang mit Gifttieren stellen J. MEIER et al. 1995 und H. JEES 1988 vor. Ueberraschungen bei einem Brand wie sie H. KRAJNZ beschreibt sollten vermieden werden.


Muster- Notfallkonzept Schlangenhaltung
(ohne Gewähr auf Vollständigkeit):

Vorbereitungen:
Haftpflichtversicherung: für Besucher, Angestellte, Sonstige (bei Tierentweichung)


Krankenversicherung: allermindestens Halbprivat ganze CH, inkl. Unfall (freie Arztwahl) – auch für Angestellte; falls eine Unfallversicherung (trifft in den meisten Fällen zu) die Kosten übernimmt, muss sie dem vorgenannten Niveau entsprechen

Gesundheit: Blutgruppe, organische Probleme (Herz, Niere, Leber, Lunge), bekannte Allergien, Medikamente = Checkliste für behandelnden Arzt erstellen; für alle Betroffenen/Mitarbeiter

Sicherheitskonzept:

SOfort MAssnahmen Ernstfall:

  • Besucher oder Gäste entfernen
  • Tier/e sichern= bei Entweichung: Notverschluss Tierraum, Fänger alarmieren
  • Erste medizinische Massnahme: zweckmässiges Aussaugen der Bissstelle (nur 5 Min. nach Biss, nachher sinnlos)
  • Fingerringe, Uhren, Armreife etc. ausziehen
  • Alarmieren, Hilfe anfordern ( Rettungsdienst, bedingt Telefon im Tierraum, Telefonnummern griffbereit)
  • Können die Helfer zum Patienten (wenn Patient ohnmächtig wird - verschlossene Türen)
  • Wenn Neurotoxin: PI – Bandage (für jede Schlangenart vorher abklären ob ja oder nein)
  • lateinischen Namen der Schlange (+ richtiges Antivenin) aufschreiben und Zettel gut sichtbar am Patienten anbringen
  • Weitere medizinische Massnahmen: Medikamente für Kreislauf spritzen (vom Arzt verordnen lassen, inkl. Schulung von i.v. spritzen; Glucocortid, Antihistamin, ev. Adrenalin-Autopen i.m.)
  • Transport des Patienten ins Zielspital (zum Arzt)
  • Standort meiner Antivenine - Transport ins Zielspital veranlassen.


Während der Abwesenheit:
Versorgung der Tiere und Futtertiere:

  • Schlüssel
  • Wer kennt meine Tiere: Name und Anzahl an jedem Terrarium angeschrieben
  • Ist bekannt wie die Pflanzen in den Terrarien die mit Tieren besetzt sind gepflegt werden müssen (vom einfachen Wassergeben bis zur Orchideenpflege)
  • Wer kennt meine Futtertierzucht: wie funktioniert mein Zuchtsystem, Versorgung mit Futter und Wasser – wie viel trinken die Tiere oder sind die Nippel verstopft (Futtertierzuchten müssen z.T. täglich betreut werden was viel mehr Aufwand erfordern kann als die meisten Schlangen die bei genügend Trinkwasser gut 3 Wochen ohne Futter auskommen)
  • Wer versorgt alles während meiner Abwesenheit / Behindertenzeit, die kann 3-12 Wochen dauern !
  • Spezielles wie Wassergefässe reinigen, Sicherheitsbesteck, allgemeines Hygienekonzept: wo ist der Waschplatz, wie funktioniert die Geschirrwaschmaschine für Trinkgefässe
  • Entsorgung z. B. vom Einstreu (wohin, wie sortiert, wann findet der Abtransport statt)
  • Spezielle Kostgänger: Futterspezialisten, Babys, Quelle spezieller Futtertiere (Fische, Insekten, Tiefkühlfutter)
  • Darf mein Stellvertreter Gifttiere oder grosse Riesenschlangen füttern (kennt die Sicherheitseinrichtungen z. B. zum Trennen oder Isolieren von Tieren; grosse Riesenschlangen über 5m können gefährlicher sein als manche Giftschlange)
  • Betrieb technischer Anlagen: Standort Sicherungen + Fehlerstromschutzschalter, Automatische Lüftung, Luftbefeuchtung, Schaltuhren, Heizungen im Raum, Heizungen in Terrarien, Terrarienbeleuchtung mit speziellen Lichtquellen, Entsalzungsanlage
  • Wohin mit Kadavern falls ein Tier stirbt; nicht gefressene Futtertiere


Nebenaufgaben:
Briefkasten leeren

Angehörige oder sonstige Personen (Hauswart, Versorgungswerke) benachrichtigen

Betriebsmaterial nachbestellen:
Futter für Futtertiere, Einstreu etc. –Lieferantenadressen bekannt

Ist das Sicherheitskonzept in Schriftform im Schlangenraum sichtbar oder griffbereit vorhanden

  • Kennt meine Vertretung mein Sicherheitskonzept (funktioniert es bei einem 2. Biss)


Weitere Vorkehrungen:
Terrarien:
Sind alle Terrarien mit lateinischem Namen der Tiere plus Anzahl der Tiere beschriftet

Feuer:
ist das Kader der lokalen Feuerwehr über die Haltung der Wildtiere informiert? Ev. Einsatzplan (Rauch= Hochleistungslüfter; Löscharbeiten ohne Vollstrahl zum Schutz der Terrarienscheiben)
Hochwasser/ Wasserrohrbruch:
können spezielle Schadenlagen entstehen? Konsequenzen für Helfer (Feuerwehr)Stromausfall:

kann der Ausfall technischer Versorgungssysteme Probleme verursachen? (Magnetventile von Wasserhahnen die öffnen)
Einbruchschutz:
ist die Bedienung der Einbruchschutz- oder Brandmeldeanlage sichergestellt; wie ist der Zugang durch Türen und Fenster gesichert

Vandalismus:
Vorgehen gegen Vandalen in einer Ausstellung die z.B. Scheiben einschlagen (Fanggeräte bereit, Unterbringung wie Säcke oder Kisten)

Todesfall:
Ist die Weiter-Versorgung und der Erbe der Tiere bei einem plötzlichen Tod des Besitzers geregelt


Literaturhinweise:
J. MEIER et al. "Unfallverhütung bei der Haltung und Pflege von Giftschlangen" Zool. Garten N.F. Jena 65. Band (1995) Heft 5, S. 273-344

H. JEES „Alarmpläne im Zoologischen Garten Köln“ Landwirtschaftl. Wildtierhaltung/Wildtiere in Gehegen 3, S.54-55, 1988
H. KRAJNZ „Graz: Zimmerbrand mit böser Ueberraschung“ Brandschutz 10/2000, S. 955-957